Raus in die Natur.

Für mich heißt es momentan eher rein in die Zivilisation. 😀

Denn die Natur war die letzte Zeit mein Zuhause.

 

Die letzten Jahre lebte ich mit Frau und Baby in einer Jurte mit 4 Meter Durchmesser.

Da war nicht viel Platz, um Groß drinnen zu sein.

 

Im Prinzip waren wir den ganzen Tag draußen, nur zum Kochen und Schlafen sind wir reingegangen.

 

Ich glaube, es fing zum Ende meiner Schulzeit an, als der Unterricht vorbei war und ich mich nur noch auf die letzten Prüfungen vorbereiten musste.

Ich ging zum Lernen bei schönem Wetter am liebsten nach draußen auf die Wiese an den Fluss. Irgendwann traf ich dort auch andere aus meiner Schule, die dort Cannabis rauchten und ich gesellte mich dazu und war noch einmal mehr von der Intensität und Schönheit der Natur überwältigt.

 

So setzte ich dies auch nach dem Abitur fort und eines Tages erkannte ich etwas und ritze es in einen Stein:

“Mach’ deine eigenen Erfahrungen.”

 

Die ganze Zeit Schule, wo einem die Welt da draußen im Klassenzimmer erklärt wird und Null praktische Erfahrungen.

 

Von da an war mein Weg vorgezeichnet: Der Weg nach draußen in die Natur..

Ich probierte alle Blätter, die ich nicht kannte, sprach mit den Pflanzen, den Tieren, dem Wind,.. und mit der Zeit merkte ich, wo ich auch draußen in den Wäldern schlief, dass dies noch nicht die wirkliche wilde Natur ist, sondern alles mehr oder weniger Kulturlandschaften, Forstplantagen, Heuwiesen und anders gepflegte Grünflächen.

Als eine Freundin das Lied aus Pocahontas sang:

“Wie weit wachsen Bäume hinauf?, doch wenn du sie fällst, findest du es nie heraus.”,

bekam ich einen Heulkrampf.

Denn ich fühlte, dass ich überhaupt noch keine Ahnung habe von wirklicher Naturverbindung, wie es bei indigenen Völkern der Fall ist. Wo die Rhythmen und das Lesen der Natur, den Takt des Lebens und das Überleben bestimmen.

 

Tiefere Naturerlebnisse konnte ich dann erst in Neuseeland sammeln. Dort gab es zumindest in den Nationalparks noch wilde und unberührte Vergesellschaftungen von Pflanzen und in langen Bärten hingen dort Moos und Flechten von den Bäumen.

Ich schlief in Höhlen mit Robben und sammelte mir Muscheln vom Fels und Blätter von den Bäumen, die mich nährten.

Es gab viele leckere Quellbäche und Seen, in denen ich schwimmen und gleichzeitig trinken konnte.

 

Und ich fühlte, dass diese wilde Natur mich nährt, wie Muttermilch. Dass einfach nur draußen eine Forstplantage und selbst wenn es Buchen und Eichen-Mischwald ist, mir nicht genug gibt, sondern ich Wildnis brauche, um meine Seele zu nähren. 

Und so begann ich zumindest schon mal der Wildnis in mir selbst Raum zu geben:

Von nicht mehr Haare mit Seife waschen, zu nicht mehr Haare schneiden lassen, zu nicht mehr Haare kämmen, bis sie sich natürlich zu Dreads verfilzten.. 

 

Für mich ist die Permakultur eben nicht nur die Natur draußen, sondern auch der Umgang mit meinem natürlichen Körper.

 

Und so mag ich auf dem Land auf den zwei Hektar, wo die Jurte steht, auch genug Räume lassen, wo Wildnis entstehen darf, wo Schlehen und Brombeeren Dickichte bilden, in denen viele Tiere ihren Unterschlupf finden.

 

Denn das sind die Räume, die ich spannend finde, wo ich stehe und staune.

Die Räume, die chaotisch und nicht-überschaubar sind. die sich schon mystisch anfühlen.

Das ist im Prinzip die Natur, zu der ich aufrufen mag: “Raus in die Natur” 

Das andere ist irgendwie schon fast wie drinnen, in der Zivilisation, im Gesäuberten.

 

Ich mag dir ein paar Geschichten erzählen, wie ich mich gerne mit der Natur verbinde:

Am liebsten oder quasi der Starter ist es, mich nackt ins Gras zu legen oder ins Laub.

Ich nenne es dich von der Natur flachlegen lassen.

Das heißt, dass du dich ganz hingibst. 

Irgendwann kommen die ersten Ameisen oder Spinnen, Fliegen oder 

irgendwelche Tiere, die auf dir landen oder über dich krabbeln.

Und dann empfehle ich dir, ganz entspannt zu bleiben und es zu genießen, als kleine Streicheleinheiten. Auch wenn der erste Reflex da ist, was da gerade juckt oder kitzelt wegzuschlagen, es einfach geschehen zu lassen.

 

Sowieso ist der beste Schritt, wenn du dich mit der Natur verbinden willst, deine Kleidung auszuziehen. Denn so fühlst du auf einmal den Wind und alles, was da unter deinen Füßen raschelt. Wenn du durch Blätter streifst, an Baumrinden entlang,..

Alles bekommt viel mehr Charakter, weil eben die Kleidung dich von deinem Gespür trennt.

 

Natürlich ist es am einfachsten, wenn es warm ist, aber ein noch intensiveres Erlebnis ist es, dies zu tun, wenn es kalt ist, z.B. wenn du dich nackt in den Schnee legst.

Genauso das schwimmen und baden in Flüssen und Seen ist ohne Kleidung ebenfalls ein ganz anderes Erlebnis z.B. wenn du durch irgendeinen Seetang schwimmst und dein erstes 

Gefühl dir Unbehagen bereitet, dich daran zu erinnern, dass es nur Natur ist und du genauso Natur bist.

Du brauchst also keine Angst davor zu haben.

Genauso das Tapsen durch den Schlick oder deinen Körper komplett mit Schlamm einzuschmieren sind Erlebnisse, die deinen Ekel abbauen und dich tiefer mit der Natur verbinden.

 

Ja, wälze dich in der Natur.

Reibe dich in der Natur.

Seife dich mit ihren Früchten ein.

Das können saftige Mangokerne sein oder auch eine Handvoll Kirschen oder Brombeeren. 

Die bringen auch ganz viel lustige Farbe auf deine Haut oder du nimmst die Kohle aus dem Lagerfeuer oder Asche.

 

Solch sinnliche Zeremonien lassen dich immer mehr als Teil der Natur verstehen und fühlen.

 

Es ist die Verbindung mit der Erde 

Das Fühlen-lassen des Windes auf deiner Haut 

Das Dich-verwirbeln-lassen im Wasser unter einem Wasserfall oder den tosenden Wellen des Meeres

Und das Aufglühen in der Hitze eines riesigen Lagerfeuers.

 

Ich bin froh um jedes Erlebnis dieser Art mit den vier Elementen der Natur.

 

Denn jedes Erlebnis ist wie eine Art des Muttermilch-trinkens: Es nährt ganz tief mein Wesen.

 

Die Verbindung zur Natur wird außerdem immer tiefer, umso mehr du dich ausschließlich aus ihr ernährst.

 

Es ist eine Sache, ein bisschen Salat oder Gemüse aus dem Garten zu nehmen und es mit Produkten aus dem Supermarkt zusammen zu kochen.

Eine ganz andere Sache ist es, dich über Tage nur von der Natur aus deiner Umgebung zu ernähren, vor allem, wenn du es naturbelassen einzeln für sich und nicht vermengt isst.

 

Ein Freund sagte mir einst ( – jemand der über ein Jahrzehnt im australischen Dschungel lebte – ):

“Es ist super leicht, monatelang oder jahrelang vegan zu sein.“

„Aber versuche einmal zwei Wochen oder zwei Monate nichts zu lesen.”

 

Denn das bedeutet, dass du dich wirklich außerhalb der Zivilisation befindest und du auch keine Zivilisationskost, wo irgendetwas drauf steht, zu dir nimmst. Ebenso lebst du irgendwo, wo es keine Schilder oder andere visuelle Zivlisationsverschmutzung zu lesen gibt.

 

Er sagte außerdem, sobald der Hunger kommt, werden deine Instinkte klarer und du fühlst mehr wohin und was du tun musst, um Wasser oder Essen zu finden.

 

Für mich ist es in dieser Welt der größte Luxus es zu schaffen, sich rein aus der Wildnis oder dem Garten zu ernähren, ohne mit Text konfrontiert zu werden.

 

Denn sobald du keine Buchstaben mehr liest, liest du die Bäume, die Tiere, die Zeichen in der Natur. Du liest das Buch des Waldes: Das Buch der Schöpfung.

 

Und so hatte ich gar den Wunsch, dass meine Tochter gar nichts anderes lesen lernen mag als die Natur.

Aber ich kann es ihr nicht verdenken, wenn sie in dieser Welt groß wird, sie auch lesen will, was in dieser Welt von diesen Menschen gedacht und geschrieben wird.

 

Dennoch, wenn du magst, so versuche einmal Schrift zu fasten.

Bis zum nächsten Garten Weden Heft Nichts lesen.

 

Denn wenn du nichts mehr liest, keine Werbereklame und Schilder, die dir sagen, was hier erlaubt ist, dann bist du schon weit draußen in der Natur und wenn du hier alleine bist und mit niemandem sprichst, verändern sich deine Gedanken.

Sie sind nicht mehr in Textform/in Sprache , sondern in Bildern und Gefühlen. 

 

Es ist wahrscheinlich eine der größten Herausforderungen für uns in dieser Zeit 

Text und Sprache zu fasten.

Wir leben in einer Informationsgesellschaft und dieser Informationsfluss fühlt sich so bedeutend wichtig an, dass die Sucht da ist, immer auf dem neuesten Stand zu sein.

 

Aber du wirst dich nie an die Quelle der Natur tiefer anschließen können wenn du dich nicht von der anderen auch mal abkoppelst. Eine Freundin hat auch regelmäßig den Hauptsicherungsschalter im Haus rausgenommen, weil sie meinte, dann fließen die Bilder besser.

 

Zum Abschluss mag ich noch ein Erlebnis mit euch teilen, was mir gerade kommt.

Und zwar hat es sich einst begeben, dass ich in einer Kuhle im Wald nackt lag, gebildet von einem Baum, der am Hang umgekippt ist, und meine Freundin mich darin unter Erde und Laub begrub.

Es war absolut fabelhaft und ich hätte für immer dort bleiben können, wenn sie mich nicht wieder rausgeholt hätte. Ich habe mich als ein Teil dieses Berges gefühlt und durch die Erdreichdecke die erdige Luft geatmet. Ich bin in tiefe Meditation gekommen und verlor jegliches Zeitgefühl.

Ich habe gehört, dass in Indien sich Gurus schon mal unter der erde vergraben lassen und nach ein oder zwei Wochen wieder ausbuddeln lassen. 

Irgendwie erschien es mir gar nicht so mehr so unrealistisch, dass dies möglich ist, auch wenn ich vielleicht nur eine viertelstunde, aber gefühlt eine Stunde unter der Erde war.

 

Mit Sicherheit eines meiner intensivsten und speziellsten Naturerfahrungen.

 

Damit wünsche ich dir viel Freude, vor allem dich neu auszuprobieren und deine Natur sowie dich in der Natur zu erfahren.

 

Bitte schreibe mir doch und erzähle mir, was sind deine intensivsten Naturbegegnungen?

 

Auch sehr intensiv finde ich die Begegnung mit wilden Tieren oder die Einnahme von giftigen und oft damit bewusstseinsverändernden Pflanzen. Vor allem, wenn du gar nicht weißt, welche Pflanze du zu dir genommen hast.

 

Dann ist es eben auch ein sehr spezielles Rendezvous mit dieser Unbekannten. Quasi eine Entführung in die Welt der Pflanze.

 

Taste dich langsam heran und wisse die Zeichen zu deuten und nimm Warnungen ernst.

 

Denn wer nicht hören oder horchen will, muss fühlen.

Und vielleicht willst du auch nicht alles fühlen 😉

 

Erst letztens bin ich in einen unbekannten tiefen Wald an eine Stelle gekommen und ich sah ganz viele Wildschweinspuren. Es war in einem Schluchttal und ein Alternativweg hätte mich einen ganz schönen Umweg gekostet.

Aber auf diesem weg zu bleiben, so war mein Gefühl, 

Hätte mich sehr wahrscheinlich in das Nest einer Wildschweinrotte geführt und zu dieser Zeit hätten sie gerade ihre Babys und wären sicherlich nicht über mein Eindringen erfreut gewesen.

 

Dadurch, dass es so eng dort war, hätte ich auch kaum ausweichen können oder einen Bogen machen können und das Gelände war sehr mit Baumstämmen und Dickichten übersät, sodass eine Begegnung erst auf wenigen Metern sichtbar gewesen wäre.

Zu spät, um dann noch auszuweichen.

Also bin ich lieber zurück und habe einen anderen Weg gesucht.

Jemand, der diese Spuren am Boden allerdings nicht gelesen hätte, wäre womöglich geradewegs in sein Unglück gelaufen.

 

Daher sei achtsam und wach.

Vertraue deinem Herz und folge den Zeichen 

 

Bis bald 

Euer Taro der Zirkeldreher