Fruchtbarer Boden.
Wow….. Was das so eigentlich wirklich bedeutet, ist mir nochmal mehr klar geworden, wo ich hier aktuell gerade in Spanien bin und nicht auf grüne, sondern auf beige Landschaft in die Weite schaue:
Wüste. Beziehungsweise Boden, der dahin auf dem Weg ist.
Wie ist es so weit gekommen? Geschichte:
Alles fing an mit der intensiven Kultivierung von Getreide im Nahen Osten von Ägypten über Israel bis zum Ende Persiens… Wälder wurden gefällt und mehr und mehr Mono-Ackerbau betrieben.
Dadurch entstanden aus einfachen Jäger- und Sammler-Stämmen größer organisierte Zivilisationen. Erntezeitpunkte konnten eingeplant werden, um z.B. das lagerfähige Getreide auch als Steuer abzunehmen und die praktikable gute Lager- und Transportfähigkeit begünstigte die Logistik großer Feldzüge zur weiteren Eroberung und Expandierung der Reiche. So kam spätestens mit der Eroberung der Römer diese Kultur und damit die Philosophie von Monokulturen, ebenso wie Monotheismus und vielleicht ebenfalls die Monogamie vollends in unsere Gegend.
Mit der neuen Kultur fand auch eine Entfremdung von der Natur statt, die mehr und mehr als wild und rückständig, sogar feindlich angesehen wurde.
Die Wälder wurden durch strukturierte Felder ersetzt und ihre Größenordnung steigerte sich mit der Industriellen Revolution. Acker-, Vieh- und Forstwirtschaft wurden separiert und vor allem einjährige Kulturen dominierten die Böden und tun es noch heute.
Die Folge ist eine geringe Durchwurzelung des Bodens und einen der Sonne und Wind nackt ausgelieferter Boden, sobald die Ernte eingefahren ist.
Das wiederum führt zu Erosion, sprich Abtrag des Bodens. Die Sonne trocknet aus, der Wind weht ihn dann davon oder ein Starkregen spült ihn abwärts in die Flusssysteme, die verschlammen, was das Ende für einige Wasserlebewesen wie Muscheln bedeutet.
Hier in Westspanien haben die Gezeiten und die viele Trockenheit die Erosion schon weit vorran gebracht. Die Wurzeln alter Olivenbäume sind oft mehr als einen halben Meter überm Boden und unter den Füßen schaut oft schon nackter Fels heraus. Dadurch haben wir noch weniger Boden, der Wasser speichern kann, sodass es noch schwieriger wird für Pflanzen, die Dürrezeiten zu überleben, um den letzten Boden zusammenzuhalten.
So viel einmal zu unserer Geschichte und daraus resultierender Umgang mit Boden in den letzten Jahrtausenden. Wir wissen, dass Entwaldung und dann intensive Kultivierung einjähriger Kulturen oder Überweidung immer zu Bodenabbau und schließlich zu Wüste führt.
Logische Schlussfolgerung: Bewaldung von Wüste führt zu fruchtbarem Boden?
Ja. Wenn es denn so einfach wäre.
Schauen wir uns dazu den Boden mal genauer an.
Leider lässt sich dabei nur so schwer in den Boden schauen. Es ist z.B. kaum vorstellbar, dass in einer Handvoll gesunden Bodens mehr Lebewesen wimmeln als es Menschen auf der Erde gibt und dass auf einem Hektar mehr als 20t Bodenlebewesen (auch Edaphon genannt) leben können. Das entspricht in etwa dem Gewicht von 40 Rindern. Nur, dass ein Hektar lediglich ein Rind ernähren kann.
Das heißt, dass im Boden weit mehr Leben stattfinden kann, als auf ihm.
Ein Universum, was uns wohl unbekannter ist als die Sterne da draußen. Es gibt ja nichtmals eine Einigung, wie Pflanzen sich ernähren, ob von Nährstoffen im Boden oder vom Bodenleben selbst. Letzteres ist grob die vertretene Annahme von Herwig Pommeresche, der in seinem absolut lesenswerten Buch „Humusphäre“ zur Fütterung des Edaphons aufruft, anstatt nur tote Nährstoffe einzubringen.
Fangen wir also mit einfachen Klarheiten an z.B.
Bodenarten
Unter dem Gras oder Laub, denn die Erde ist natürlich immer bedeckt, da ja sonst Erosion geschieht, haben wir einen Boden. Einen Sandboden oder Lehmboden. Manche kennen auch Schluff und Tonboden… Doch was bedeutet das überhaupt?
Es sind Bezeichnungen für die Partikelgröße.
Am feinsten ist Ton. Ein tondominierender Boden ist sehr klebrig, schmierig und schwer. Er neigt zu Staunässe und Wurzelfäule, wird nur langsam warm im Frühjahr, aber kühlt auch nicht so schnell ab.
Das heißt die Partikelgröße sagt etwas darüber aus, wie schnell der Boden verdichtet und anaerob werden kann, wie schnell Wasser darin versickert und über seine thermodynamische Eigenschaft. Dies hat alles auch wieder Bedeutung, wenn wir damit bauen. Z.B. soll die Lehmwand besser isolieren?, dann weniger Ton, soll sie mehr die Sonnen oder Feuerwärme speichern?, dann mehr Ton.
Als nächstgrößere Bezeichnung haben wir Schluff für alles ab 2µm bis 63µm. Dieser ist nicht klebrig, sondern eher samtig, so wie das Watt in der Nordsee, nur eben ohne den mehr oder weniger großen Sandanteil darin. Sand kommt nach Schluff und ist bis 2mm groß. Danach sprechen wir von Kies bis 6,3cm und dann sind es schon Steine.
Bezeichnung |
Durchmesser in mm |
Steine – Blöcke Steine – Geröll |
>200 63-200 |
Kies |
2-63 |
Sand |
0,063-2 |
Schluff |
0,002–0,063 |
Ton |
<0,002 |
Und wo ist der Lehm? Lehm ist eine Mischung aus Sand, Schluff und Ton. Die perfekte Mischung wäre 5 Teile Sand, 7 Teile Schluff und 3 Teile Ton. Ist es mehr Ton, dann ist es ein toniger Lehm, bei mehr Sand ein sandiger Lehm oder gar ein lehmiger Sand etc.. So beschreiben wir erstmal grob den Boden. Wenn es um fruchtbaren Boden geht, ist eben ein guter Lehm die beste Grundlage. Alles, was davon abweicht, hat seine oben genannten Schwierigkeiten.
Neben Bodenarten gibt es auch noch:
Bodentypen
Diese fundieren darauf, aus welchem Untergrundgestein und Bedingungen sich der Boden gebildet hat. Parabraunerde, Schwarzerde, Podsole oder Pseudogley habt ihr vielleicht schon mal gehört? Je nachdem, um was es sich handelt, ist ein Anbau nur unter Umständen möglich. Also nicht jeder Boden eignet sich für den Gemüseanbau oder muss mit viel Aufwand und Ressourcen dahin gebracht werden.
Der fruchtbarste natürliche Boden auf der Welt ist die Schwarzerde, welcher in ihrer weltweiten Verteilung mit einem ganzen Drittel in der Ukraine liegt.
Besser ist wohl nur noch die Terra Preta. Die selbstgemachte Erde der Indios im Amazonas-Regenwald. Das heißt, wir Menschen können die beste Erde selbst kreieren über eine lange Zeit mit einem gewissen Umgang. Super. Nur zurzeit ist noch das Gegenteil der Fall und wir verlieren rasant fruchtbaren Boden. Etwa 10 Millionen Hektar jährlich. Das sind fast 0,1% unseres fruchtbaren Bodens. Dieser entspricht etwa 13,1 Milliarden Hektar und das sind 12% der eisfreien Erdoberfläche. Mehr eignet sich von der Beschaffenheit und Bedingungen kaum zum Anbau.
Nicht umsonst kannst du ja eine Bodenprobe einsenden und deinen Boden analysieren lassen, weil es da echt eine Menge drüber zu sagen gibt. Vielleicht hat er auch viele Schwermetalle oder Aluminiumanteile in sich? Fehlen Mikronährstoffe wie Kupfer oder Mangan?
Manche betreiben Elektrokultur, weil sie meinen, dass die Spannung im Boden die Fruchtbarkeit erhöht. Dazu verlegen sie Drähte unter der Erde..
Einen größeren direkten Einfluss hat da noch der pH-Wert und der Kalk im Boden.
Denn nicht alle Pflanzen mögen Kalk, manche vertragen ihn gar nicht, andere vermissen ihn sogar.
Ebenfalls beim pH-Wert. Wenn der Boden saurer ist als 6 oder alkalischer als 8, dann wird es für die Pflanzen schwierig, alle Nährstoffe, die sie brauchen, aus dem Boden zu lösen. Manche Spezialisten haben da ihre Wege. Im Groben lässt sich sagen, dass Beerenobst gerne sauren Boden mag vor allem Preiselbeeren und Heidelbeeren, wohingegen Maulbeeren (heißt zwar Beere, aber ist ja ein Baum) und auch Kohl eher neutralen in Richtung alkalischen Boden bevorzugen.
Der pH-Wert lässt sich bspw. durch Kalk erhöhen und durch Schwefel senken. Oft ist dies aber keine einmalige Sache und dann stellt sich die Frage, ob man sich einfach auf die Kulturen spezialisiert, die diesen pH-Wert favorisieren und dann mit anderen austauscht und handelt…
Soo. Jetzt haben wir eine ganze Menge schon über Boden gesagt, aber noch nicht über den Oberboden:
Die Humusschicht.
Du kannst einen guten Lehmboden haben, aber durch vorrangegangene Bewirtschaftung ist er evtl. ohne Humus. Wenn du einen Spatenstich nimmst, hast du da Bruchstücke ähnlich wie gebrochene Schokolade. Das ist nicht, was du haben willst. Du möchtest eine krümelige, lockere Erde, die viel Wasser und Nährstoffe aufnehmen und speichern kann. Dafür braucht es das besagte Edaphon, welches sogenannte Ton-Humus-Komplexe bildet. Diese bestehen aus Ton und Huminstoff.
Huminstoff ist das organische Material, welches sich nicht so leicht zu Nährhumus zersetzt, welcher schnell von den Pflanzen aufgebraucht wird, sondern durch seine komplexe Art den Dauerhumus bildet. Dieser kann sich in einem Wald auf Dauer aufbauen und tiefer werden, aber in offenem Brachland auch wieder verschwinden…
Ohne das Edaphon bilden sich kaum diese Komplexe. Es braucht das Bodenleben, um diese beiden (Ton+Huminstoff) negativ-geladenen und damit sich-abstoßenden Teilchen zu verbinden. Diese so-geschaffenen Komplexe können dann positiv-geladene Teilchen/Nährstoffe binden und sie den Pflanzen bei Bedarf zur Verfügung stellen.
Das Pilznetzwerk.
Zu guter Letzt mag ich noch das Pilzmyzel im Boden hervorheben, da es Stoffe über Strecken zwischen Pflanzen austauschen kann. Außerdem produziert ein Boden, indem mehr Pilze als Bakterien sind, mehr Biomasse, als ein von Bakterien dominierter Boden.
Das heißt wir wollen das Pilzleben für einen fruchtbaren Boden fördern.
Nun wissen wir, dass guter fruchtbarer Boden keine Selbstverständlichkeit ist. Ihn zu erhalten ist die oberste Pflicht jeder Generation, die darüber verfügt. Für alle anderen gilt es ihn zu verbessern.
Möglichkeiten der Bodenverbesserung
Ein guter fruchtbarer Boden braucht also 1.) Bodenleben und 2.)Pilze.
Die müssen wir in die Erde bringen und gewährleisten, dass sie dort auch überleben können. D. h.:
1.) Erde darf nicht austrocknen. 2.) Es muss Futter für sie geben
Das erreichen wir beides, zum Beispiel mit Bäumen. Diese beschatten den Boden, speichern Wasser und halten ihn feucht. Dazu werfen sie Laub, Äste und Wurzeln auch wieder ab, welche das Bodenleben füttern. Vögel und Insekten nisten in ihnen und lassen ihre Ausscheidungen ebenfalls von dort fallen.
Also sind wir wieder da, dass wir Bäume pflanzen müssen. Nur jetzt wissen wir mehr über die Eigenschaften des Bodens und können daher die Baumauswahl enger vornehmen.
Ich habe dazu meine Permaplay-Karten als Hilfe. Z.B. Hier bei der Stieleiche sehe ich, dass sie mit steinigem Grund zurechtkommt, genauso wie Staunässe und Kalk. Der pH-Wert darf zwischen 5-8 sein und sie bevorzugt schweren Boden und mag keine Sandböden. Das sagen mir die verschiedenen Symbole dazu. Natürlich müssen auch das Wasser, die Winterhärte und das Licht passen, je nach Standort. Dies sagen u.A. die anderen Symbole auf den Karten.
Das heißt, wir legen eine Baumauswahl fest und gleichzeitig versuchen wir Bodenleben und dafür schon Futter in Form von Mist oder Mulch in Formen von Zweigen und Blättern etc. in den Boden einzubringen, sodass die Bäume auch Nahrung zum Wachsen haben.
So lässt sich über Jahrzehnte bis Jahrhunderte ein Boden wieder aufbauen, der sich durch eine Abholzung und Übernutzung je nach Klima in wenigen Jahren abgebaut hat.
Wenn ich also eine Handvoll fruchtbarer Erde halte, dann fühlt es sich für mich wie ein Goldschatz an. Wohingegen ein Goldschatz nur so viel wert ist, wie auch jemand dafür bereit ist dir zu geben. Denn damit lässt sich im Allgemeinen nicht so viel anfangen.
Ich fühle mehr noch, dass bereits diese Hand Erde mehr Leben beinhaltet, als ich mir vorstellen kann und dass es nur ein winziges Stück Erde unseres ganzen Erdplaneten ist. Unsere Mutter Erde, Pachamama oder Gaia ist also voller Leben, welches durch das Weltall fliegt. Und darauf sind wir. Ebenfalls mehr ein Ökosystem als ein Mensch, wo doch 10-100mal mehr fremde Organismen auf und in uns leben, als wir eigentlich eigene Zellen haben. Wir sind also ein wandelndes Ökosystem auf einem Planeten voller Ökosysteme und fliegen durch die womögliche Unendlichkeit damit.
Vielleicht vernichtet ein Meteoritenabsturz einmal alles Leben auf der Erde, aber ebenso kann es auch hierher gekommen sein. So wie im Makrokosmos auch im Mikrokosmos: Ich kann den Boden austrocknen lassen und alles Leben stirbt oder ich kann für Bedingungen sorgen, sodass ganz viel Leben an einem Ort entstehen kann. Fast wie Gott. Ich habe es in der Hand. Die Erde.
Und du?
Wenn du mehr darüber lernen magst und auch in Praxis erleben magst, dann komm doch zu einem meiner Permakultur-Kurse.
Hier meine Kurstermine 2023:
17.-21. Mai Männerkurs bei Bonn
22.-30. Juli 8 Tage Kurs bei Bonn
10.-16. September 6 Tage Kurs bei Bonn
Beste Grüße aus Spanien
Taro der Zirkeldreher